Machterhalt vs. Informationsfreiheit
Seit einem Jahr ist der Entwurf zum Informationspflichtgesetz in Begutachtung. Einige Bundesländer und Institutionen tun sich mit besonders abstrusen Vorschlägen zur Abwertung des Gesetzes hervor. Diese und weitere Stellungnahmen bilden eine antidemokratische Collage zu den Themen Machterhalt und Selbstherrlichkeit österreichischer Amtsstuben, vielleicht sogar zur österreichischen Identität insgesamt.
Wie der ORF berichtet, möchte
- das Land Niederösterreich, dass öffentliche Verhandlungen der Landesverwaltungsgerichte NICHT auch öffentlich im Internet angekündigt werden müssen
Öffentliche Verhandlungen sollen also heimlich stattfinden.
- das Land Vorarlberg, dass die Geheimhaltung von Informationen zur „unbeeinträchtigten Vorbereitung einer Entscheidung“ auch dann noch fortgesetzt werden kann, wenn die Entscheidung bereits getroffen wurde
Wenn es schon gelungen ist, die Entscheidungsgründe geheim zu halten & hinter verschlossenen Türen geheim zu entscheiden, so soll doch bitteschön auch gleich das Ergebnis geheim bleiben.
- das Land Oberösterreich, dass die Achtwochenfrist zur Auskunftsgewährung auch ohne „besondere Gründe“ um weitere acht Wochen verlängert werden kann.
Motto: Fast 4 Monate Zeit und Ruhe gewinnen, kann doch nicht schaden!
Anerkennung zollen muss man auch dem Argument
- der Präsidentschaftskanzlei, die selber festlegen möchte, welche Informationen „zu verakten“ seien. Natürlich wären dann nur diese überhaupt existent und mögliches Objekt einer Informationspflicht.
Es fehlt dann, für den Fall einer versehentlichen Veraktung und im allzu lästigen Fall des tatsächlichen Vorliegens einer Auskunftsanfrage nur noch die Möglichkeit zur „Entaktung“ – und die autistische Verwaltungsidentität wäre perfekt abgesichert.
Richtig vernünftig hören sich dagegen die Richter und Staatsanwälte an, die nur über die Justizverwaltung Auskunft geben wollen. Immerhin ist ja die Veröffentlichung der Rechtsprechung rechtlich geregelt und wird mit dem RIS die Veröffentlichung im Internet gewährleistet. Fragwürdiger wiederum die Bundesforste und die Österreich Werbung, die einfach nicht auskunftspflichtig sein wollen.
Grundsätzlich wird aber ohnehin nicht so heiss gegessen wie gekocht.
- Die Information darf geheim bleiben, wenn die Anfrage „offensichtlich schikanös“ erfolgt. Damit ist wohl nach § 1295 ABGB gemeint, dass die Ausübung des Rechts offenbar den Zweck hat, den anderen (hier: die Behörde) zu schädigen.
Falls hier mit Schaden gemeint ist, dass durch die Herausgabe der Information Unregelmässigkeiten oder Rechtswidrigkeiten (der Behörde) aufgedeckt würden, wäre das aber wohl sehr häufig der Fall und das Informationspflichtgesetz praktisch wirkungslos.
- Auch darf die Herausgabe unterbleiben, wenn „die Erteilung der Information die sonstige Tätigkeit des jeweiligen Organs wesentlich und unverhältnismäßig beeinträchtigen würde“.
Sinn machen würde das, wenn die Information nicht einfach vorliegt, sondern mit sehr viel Rechercheaufwand erst gewonnen werden müsste. Dann soll man das auch so reinschreiben. Von der Wortwahl her könnte die Tätigkeit des Organs nämlich auch beeinträchtigt sein, wenn frühere Malversationen herauskommen … der Sinn des Gesetzes würde in sein Gegenteil verkehrt.
- An Stelle eines (hoffentlich unabhängigen) „Informationsbeauftragten“ sollen Betroffene den Klageweg beschreiten müssen.
Im Falle des Falles wird also schon mal ein Jahr oder so mit Aufwand des Klägers und vermutlich seinem Kostenrisiko vergehen, bis die Information endlich befreit ist…
Die Geheimhaltung von Information wird von einigen Bundesländern und österreichischen Institionen offenkundig als Mittel zum Machterhalt gesehen und mit plumpen, einem Demokratieverständnis unwürdigen Argumenten verteidigt.